Vorsicht Arbeitszeugnis!

Vorsicht Arbeitszeugnis!

Für den einen ist die akribische Analyse von Arbeitszeugnissen ein unverzichtbarer Bestandteil jeder Personalauswahl, für den anderen sind Arbeitszeugnisse nicht einmal eines Blickes wert.
In Deutschland hat jeder Beschäftigte, anders als in den meisten Ländern dieser Welt, bei Ende des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis.
Das Arbeitszeugnis muss nach § 109 Abs. 2 GewO den Grundsätzen der ZeugnisklarheitZeugniswahrheitVollständigkeit und des Wohlwollens entsprechen. Demnach darf ein Arbeitszeugnis keine missverständlichen Formulierungen enthalten (Klarheit). Es soll alle wesentlichen Tatsachen enthalten, die für die Gesamtbeurteilung des Arbeitnehmers von Bedeutung sind (Vollständigkeit) und dessen Arbeitsleistung und Sozialverhalten zutreffend wiedergeben (Wahrheit). Das Arbeitszeugnis muss generell von Wohlwollen getragen sein, da es nach deutscher Rechtsprechung dem Fortkommen des Arbeitnehmers dienen muss. Darüber hinaus existieren zahlreiche weitere rechtliche Vorgaben hinsichtlich Form und Ausgestaltung von Arbeitszeugnissen. Es gibt gute Gründe, warum Arbeitszeugnisse eine unterstützende aber keinesfalls eine entscheidende Rolle bei der Personalvorauswahl spielen sollten.

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Arbeitszeugnisse sind niemals objektiv:

Beurteilungen in Arbeitszeugnisses basieren niemals auf diagnostisch ausgereiften Messinstrumenten, sondern stellen subjektive Einschätzungen dar. Wenn man über die Erwartungen des Beurteilers, das bisherige Arbeitsumfeld und die Arbeitsanforderungen, auf die sich die Zeugnisbeurteilungen beziehen, nur wenig weiß, ist besondere Vorsicht geboten.

Weiterhin spiegeln Positive Beurteilungen in Arbeitgeberzeugnissen nicht unbedingt die Überzeugung des bisherigen Arbeitgebers wider. Sie sind vielmehr oftmals das Resultat einer “Verhandlung“ zwischen ausscheidenden Beschäftigtem und Arbeitgeber. Welcher Arbeitgeber hat schon Lust sich mit einem ausscheidenden Mitarbeiter lange über Zeugnisformulierungen auseinanderzusetzen? Nicht selten ist ein positives Arbeitgeberzeugnis auch das Ergebnis einer außergerichtlichen Einigung oder gar einer Gerichtsentscheidung im Rahmen eines Trennungsprozesses. Davon auszugehen, dass ein sehr positiv konnotiertes Arbeitszeugnis immer einen hervorragenden und leistungsstarken Mitarbeiter beschreibt, wäre also naiv.

Zusätzlich findet man in Arbeitszeugnissen oftmals eine “verschleiernde“ und standardisiert phrasenhafte Zeugnissprache. Textbausteine und Interpretationshilfen dazu sind überall erhältlich. Ob der Verfasser eines Zeugnisses aber tatsächlich darauf zurückgegriffen und bewusst verwendet hat bleibt in den meisten Fällen unklar. Die Frage, ob der Verfasser eines Zeugnisses die von ihm verwendeten Formulierungen überhaupt in gleicher Weise interpretiert wie der Leser des Zeugnisses, bleibt ebenso unbeantwortet. Auch hinter einer ungewöhnlichen oder mehrdeutigen Formulierung muss nicht automatisch eine versteckte (negative) Botschaft stecken. Vielleicht handelt es sich dabei nur um das Bestreben eines sprachlich weniger talentierten Verfassers, uniforme Formulierungen zu vermeiden und sich individuell auszudrücken.

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Arbeitszeugnisse gänzlich zu ignorieren, wäre trotzdem dumm

Schließlich kommt der Vorauswahl von Bewerbern eine große Bedeutung zu. Fehleinschätzungen, die bei der Vorauswahl durch die Analyse der schriftlichen Bewerbungsunterlagen und Arbeitszeugnisse unterlaufen, lassen sich durch nachfolgende Auswahlmethoden wie Einstellungsinterviews oder Assessment Center nur dann korrigieren, wenn der Bewerber auch nach der Unterlagenanalyse noch im Auswahlprozess verbleibt. Werden Bewerber in der Vorauswahl also überschätzt, so lässt sich diese Fehleinschätzung im weiteren Verlauf des Auswahlverfahrens in der Regel noch aufdecken. Ganz anders sieht es aus, wenn ein Bewerber schon auf Grundlage seiner Bewerbungsunterlagen und der vorgelegten Arbeitgeberzeugnisse aus dem weiteren Auswahlprozess ausscheidet und eine Absage erhält. Diese Bewerber erhalten keine Chance, ihre tatsächliche Eignung für die in Frage stehende Position unter Beweis zu stellen. Diese Fehleinschätzung ist als solche auch nicht mehr zu erkennen. Insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels können wir uns diesen Fehler (“Fehler der zweiten Art“) eigentlich gar nicht mehr leisten.

Arbeitgeberzeugnisse bieten aus meiner Sicht trotz ihrer beschränkten Aussagekraft immer eine gute Möglichkeit mit Kandidaten über deren berufliche Vorerfahrungen aus einer weiteren Perspektive heraus, nämlich die des vorherigen Arbeitgebers, ins Gespräch zu kommen. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sich beide Gesprächspartner auf Augenhöhe unvoreingenommen begegnen. Allein die Art und Weise, wie ein Kandidat zu einzelnen Aussagen seines Arbeitgeberzeugnisses Stellung bezieht, führt in der Regel zu zusätzlichen relevanten Eindrücken über die Persönlichkeit und das Selbstverständnis des Gesprächspartners. Die Tätigkeits- und Aufgabenbeschreibungen in einem Arbeitszeugnis bieten sich an, mit einem Kandidaten über seine Berufserfahrungen und sein Verhalten bei konkreten Arbeitsanforderungen oder -situationen ins Gespräch zu kommen. Wenn dies gelingt, kann ein Arbeitszeugnis als dialogförderndes Hilfsmittel einen guten Beitrag zu einer sachlich begründeten Auswahlentscheidung leisten.